Barrierefreie Websites und Apps ab 2025: Welche Ausnahmen gelten?
Ab Mitte 2025 gilt in Deutschland eine gesetzliche Pflicht zur Barrierefreiheit für Websites und Apps. Dies wird durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) geregelt, welches die EU-Richtlinie des European Accessibility Act umsetzt. Die Regelungen basieren auf der europäischen Norm EN 301 549 und richten sich weitgehend nach den internationalen Richtlinien für barrierefreie Webinhalte (WCAG) 2.1 auf Level AA.
Doch nicht alle Produkte und Dienstleistungen fallen unter diese Verpflichtung zur Barrierefreiheit. Im Folgenden erfahren Sie mehr über die genauen Anforderungen und Ausnahmen für Websites und Apps ab dem Jahr 2025.
Was ist der European Accessibility Act?
Der European Accessibility Act (EAA) ist eine EU-Richtlinie, die Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet, Gesetze und Verordnungen zur Barrierefreiheit zu erlassen. Dadurch sollen Menschen mit Behinderungen in Europa einen gleichberechtigten Zugang zu Produkten und Dienstleistungen erhalten. Der EAA legt ein Mindestmaß an Barrierefreiheit fest, welches von den einzelnen Mitgliedsstaaten umgesetzt werden muss.
Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ist die Umsetzung des European Accessibility Act in deutsches Recht. Es wurde am 16. Juni 2021 verabschiedet und tritt nach einer Übergangszeit zum 28. Juni 2025 in Kraft. Das BFSG verpflichtet deutsche Unternehmen zur Barrierefreiheit gemäß den Vorgaben des EAA.
Was ist die Norm EN 301 549?
Die Norm EN 301 549 beschreibt das Vorgehen, um sicherzustellen, dass Produkte und Dienstleistungen unter dem European Accessibility Act barrierefrei sind. Sie verweist direkt auf die internationalen Standards für Barrierefreie Webinhalte (WCAG) 2.1 Level AA. Für Websites und Anwendungen bedeutet dies, dass sie ab dem Jahr 2025 den Anforderungen der WCAG 2.1 entsprechen müssen.
Was ist die Barrierefreie Informationstechnologie-Verordnung?
Die Barrierefreie Informationstechnologie-Verordnung (BITV) ist eine deutsche Verordnung, die die Anforderungen an die Barrierefreiheit von Websites der öffentlichen Verwaltung regelt. Sie basiert auf der EN 301 549 und verweist ebenfalls auf die WCAG 2.1. Seit November 2019 müssen alle neuen öffentlich zugänglichen Websites und mobile Anwendungen der Bundesverwaltung nach dem „Stand der Technik“ auf ein „höchstmögliches Maß an Barrierefreiheit“ ausgelegt sein.
Was ist die Richtlinie (EU) 2016/2102?
Die Richtlinie (EU) 2016/2102 verbessert den Zugang zu digitalen Inhalten und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen. Sie verpflichtet Mitgliedsstaaten dazu, geeignete Maßnahmen zur Verbesserung der digitalen Barrierefreiheit zu ergreifen. Diese Richtlinie bildete die Grundlage für den European Accessibility Act.
Wer muss ab 2025 eine barrierefreie Website haben?
Ab dem Jahr 2025 sind alle Unternehmen, Organisationen und Einzelpersonen, die Websites oder Apps betreiben und diese öffentlich zugänglich machen, verpflichtet, diese barrierefrei zu gestalten. Dies gilt sowohl für neue als auch für bestehende Angebote.
Welche Ausnahmen gibt es vom Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?
Einige Ausnahmen vom BFSG sind möglich, jedoch eng definiert:
- Private sowie rein geschäftliche (B2B) Angebote fallen nicht unter das Gesetz.
- Kleinunternehmen sind von den Anforderungen des BFSG ausgenommen. Als Kleinunternehmen gelten Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten oder einem Jahresumsatz bzw. einer Bilanzsumme von höchstens zwei Millionen Euro.
- Falls die Änderungen an einer Dienstleistung ein wirtschaftliches Risiko für das Unternehmen darstellen, kann das Unternehmen von den Pflichten des BFSG ausgenommen werden. Dies muss jedoch im Einzelfall geprüft und begründet werden.
- In seltenen Fällen können auch kulturelle oder historische Gründe eine Ausnahme rechtfertigen. Hierbei müssen jedoch alternative Zugänge zur Information gewährleistet sein.
Die genauen Ausnahmeregelungen sind im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz festgelegt und sollten bei Unsicherheit immer direkt geprüft werden.
Was passiert, wenn eine Website nicht barrierefrei ist?
Wenn eine Website oder App nach dem Inkrafttreten des BFSG am 28. Juni 2025 nicht barrierefrei ist, kann dies zu Konsequenzen führen:
- Die Marktüberwachungsbehörden können Unternehmen auffordern, die Barrierefreiheit herzustellen. Bei mehreren solcher Aufforderungen und Nichtbeachtung können sie sogar den elektronischen Geschäftsverkehr einstellen lassen.
- Bußgelder von bis zu 100.000 Euro können verhängt werden, wenn die Vorgaben des BFSG nicht eingehalten werden. Die Höhe des Bußgeldes hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Schwere und Dauer des Verstoßes oder dem wirtschaftlichen Vorteil, der aus der Nichtbeachtung gezogen wurde.
- Verbraucherverbände und Einzelpersonen können Unternehmen auf die Nichtbarrierefreiheit ihrer Angebote hinweisen und im Fall einer nicht zufriedenstellenden Reaktion rechtliche Schritte einleiten.
Es ist daher ratsam, frühzeitig mit der Umsetzung der Barrierefreiheit zu beginnen, um Strafen und Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.
Fazit: Barrierefreie Websites und Apps sind ab 2025 Pflicht – aber mit Ausnahmen
Die Verpflichtung zur barrierefreien Gestaltung von Websites und Apps ab Mitte 2025 ist eine wichtige Entwicklung für die Inklusion und den gleichberechtigten Zugang zu digitalen Angeboten. Einige Ausnahmen sind möglich, jedoch eng definiert und sollten im Einzelfall geprüft werden. Unternehmen und Organisationen sind gut beraten, frühzeitig mit der Umsetzung der Barrierefreiheit zu beginnen, um Bußgelder und Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden und allen Nutzern einen gleichberechtigten Zugang zu gewährleisten.
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